Gedenkfeier am 9. November: Dormagen erinnerte an Opfer der Reichspogromnacht

Am Sonntag, 9. November, haben zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern mehrerer Dormagener Schulen der Opfer der Reichspogromnacht gedacht. Die Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof an der Zonser Heide wurde von der Stadt Dormagen gemeinsam mit dem Partnerschaftsverein Dormagen-Kiryat Ono ausgerichtet.

Anlässlich des 87. Jahrestages der Reichspogromnacht erinnerten die Beiträge der Jugendlichen der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule, des Bettina-von-Arnim-Gymnasiums, der Realschule Hackenbroich und des Leibniz-Gymnasiums Hackenbroich an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalt. Im Anschluss an die Schulbeiträge sprach Regina Nawrot, stellvertretende Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, ein Gebet. Zum Abschluss legten Bürgermeister Lierenfeld und der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Uwe Schunder, sowie Regina Nawrot und mehrere Schülerinnen ein Blumengesteck nieder.

In seiner Rede betonte Bürgermeister Lierenfeld: „Die Reichspogromnacht war der Anfang eines beispiellosen Zivilisationsbruchs – ausgelöst durch Gleichgültigkeit, durch Wegsehen, durch die schleichende Akzeptanz von Hass. Sie lehrt uns, dass jedes Schweigen zu viel sein kann.“

Er erinnerte zudem an die Schicksale der Familie Franken aus Zons, deren Grab unweit des Friedhofs liegt. Über Generationen führte die Familie in Zons eine Metzgerei. Selbst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kauften viele Zonserinnen und Zonser weiterhin dort ein – trotz des Boykotts jüdischer Geschäfte. 

Als 1936 Berta Franken starb, begleiteten ihre Tochter Johanna und einige mutige Frauen aus Zons sie auf ihrem letzten Weg zum Friedhof. Ihr stilles Zeichen des Mitgefühls blieb nicht ohne Folgen: Die Teilnehmerinnen wurden verhört, mindestens eine von ihnen musste eine Geldstrafe zahlen. Während der Reichspogromnacht drangen SA-Männer in Johannas Wohnung ein und verwüsteten sie. Ihre Brüder flohen aus Deutschland – sie aber blieb. „Ich bleibe hier bei meiner Mutter“, soll sie gesagt haben. 1941 wurde Johanna Franken in das Ghetto Riga deportiert und ein Jahr später in einem Gaswagen ermordet.

Lierenfeld stellte klar, dass Antisemitismus in keiner Form toleriert werden dürfe: „Er beginnt mit Sätzen, mit Blicken, mit Ausgrenzung – und endet, wenn wir nicht aufpassen, in Gewalt. Erinnern heißt Verantwortung übernehmen. Unsere Geschichte verpflichtet uns – zum Handeln, zum Miteinander.“

Ein besonderer Fokus lag auf der Einbindung der jungen Generation: „Dass Schülerinnen und Schüler sich mit den Ereignissen des 9. November 1938 auseinandersetzen, ist kein bloßer Teil des Geschichtsunterrichts – es ist ein Zeichen dafür, dass das ‚Nie wieder‘ in unserer Stadt hoffentlich verstanden wird“, so der Bürgermeister.

Die Veranstaltung endete mit einem Beisammensein in der Friedenskirche in Zons, bei dem Suppe und Getränke gereicht wurden und Gelegenheit zum persönlichen Austausch bestand. Die Gedenkfeier machte einmal mehr deutlich, dass Erinnerungskultur in Dormagen durch das Engagement von Schulen, Vereinen, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern aktiv gelebt wird.