Die Stadt Dormagen feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen – ein Anlass, die wirtschaftliche Entwicklung und die Zukunftsperspektiven der Stadt in den Mittelpunkt zu rücken. „Dormagen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer landwirtschaftlich geprägten Kleinstadt zu einem bedeutenden Industrie- und Produktionsstandort entwickelt“, sagt Jobst Wierich, Mitglied des Aufsichtsrates der Wirtschaftsförderung Dormagen. „Die chemische Industrie bildet seit jeher das Rückgrat unserer Wirtschaft, ergänzt durch Handel, Logistik und ein starkes mittelständisches Handwerk.“
Historisch wurde Dormagens Wirtschaft wesentlich durch den Chemiekonzern Bayer geprägt. Bereits 1917 entstand das erste Bayer-Werk zur Herstellung von Schwefelsäure. In den 1950er- und 1960er-Jahren konzentrierte man sich im Ostwerk auf die Faserproduktion. Mit der Erschließung des Westwerks siedelte sich hier ab den 1960er-Jahren die Produktion von Kunststoffen, Pflanzenschutzmitteln und Lacken an. Der Chempark Dormagen hat über Jahrzehnte die Stadtstruktur, die Infrastruktur und die Beschäftigung maßgeblich geprägt. „Heute sind hier rund 35 Unternehmen ansässig und etwa 10.000 Menschen beschäftigt“, erklärt Wierich.
Beispielhaft hervorzuheben ist etwa die Inbetriebnahme der TDI-Anlage von Covestro im Jahr 2014. Mit dieser können Grundstoffe hergestellt werden, die beispielsweise in der Produktion von Schaumstoffen in Matratzen oder Sitzpolstern Verwendung finden. Sie war nur einer von zahlreichen Meilensteinen hin zu einer international wettbewerbsfähigen Chemieproduktion am Standort.
Neben der Chemie spielten auch Landwirtschaft, Hafenlogistik, Energieversorgung, Bauwirtschaft und mittelständische Betriebe eine prägende Rolle. „Diese Vielfalt hat Dormagen eine solide wirtschaftliche Basis gegeben und die Stadt zugleich attraktiv für Fachkräfte und Investoren gemacht“, betont Wierich. Die Stadt profitiert von ihrer geografischen Lage zwischen Köln und Düsseldorf. Direkte Anbindungen über die A57 sowie die Rheinbahnstrecke ermöglichen schnelle Verbindungen in die beiden Metropolen. „Diese Lage ist ein echter Standortvorteil. Pendlerinnen und Pendler, Logistikunternehmen und Investoren profitieren gleichermaßen. Dormagen kann günstige und attraktive Wohn- und Gewerbeflächen anbieten, ohne auf die Nähe zu wichtigen Zentren zu verzichten.“
Mit dem Wandel der Industrie veränderten sich auch Arbeitsplätze und Qualifikationsanforderungen. Früher waren Tätigkeiten stark manuell geprägt, körperlich anstrengend und erforderten wenig formale Ausbildung. „Vom Handwerker zur Wissensarbeiterin hat sich Dormagen zu einem modernen Industriestandort entwickelt, der auch durch Smart-Factory-Technologien und den Einsatz von KI geprägt ist“, erläutert Wierich. Heute sind technische, digitale und soziale Kompetenzen gefragt, lebenslanges Lernen ist Voraussetzung für die Beschäftigten.
Die Industrie bleibt ein zentraler Wirtschaftsfaktor: Laut IHK-Analyse 2023 arbeiten in Dormagen knapp 37 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Industrie, ein Wert, der zwölfmal über dem NRW-Durchschnitt liegt. Gleichzeitig wachsen Dienstleistungen und innovative Branchen: Projekte wie der Smart Industrial Campus Dormagen fördern Digitalisierung und Technologietransfer, Investitionen in Wasserstofftechnologien, CO₂-Reduktion und Kreislaufwirtschaft sichern die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. „Dormagen setzt gezielt auf neue Strukturen, Innovationen und die stärkere Vernetzung von Industrie, Technologie und Dienstleistungen“, sagt Wierich.
Der Chempark Dormagen ist dabei mehr als nur ein industrieller Standort. Mit über 1.000 Auszubildenden in technischen, naturwissenschaftlichen und kaufmännischen Berufen unterstützt er die Fachkräftesicherung im gesamten Rhein-Kreis Neuss. „Der Chempark ist für Dormagen nicht nur Arbeitgeber, sondern Identitätsanker. Er verbindet Tradition mit Innovation und treibt die Transformation hin zu nachhaltiger Chemie voran“, führt Jobst Wierich aus.
Dormagen hat wirtschaftliche Umbrüche flexibel gemeistert – von der Umwandlung der Bayer-Werke zu einem multifunktionalen Chempark über Anpassungen an Globalisierung, Umweltauflagen und technologische Entwicklungen bis hin zu Krisen wie der Finanzkrise 2008, der Corona-Pandemie oder der Energiekrise 2022. „Dormagen ist ein Lehrbeispiel für industrielle Transformation“, sagt Wierich weiter.
Die Stadt richtet ihren Blick auf die Zukunft: Neben der Weiterentwicklung der Chemieindustrie stehen Digitalisierung, Mittelstandsstärkung und nachhaltige Stadtentwicklung im Fokus. Moderne Wohnquartiere, Bildungseinrichtungen, Freizeitangebote und eine ausgewogene Stadtstruktur machen Dormagen für Fachkräfte attraktiv. Infrastrukturmaßnahmen, ÖPNV, Fahrradnetze und Smart-City-Konzepte ergänzen die Bemühungen um hohe Lebensqualität. „Wir müssen den Herausforderungen gemeinsam mit Industrie und Wirtschaft begegnen und zusammen den Wandel gestalten, damit Dormagen auch weiterhin eine attraktive Stadt mit einer hohen Wohn- und Lebensqualität bleibt“, fasst Jobst Wierich zusammen.
Dormagen strebt dabei eine klare Balance an: industrielle Stärke, nachhaltige Stadtentwicklung und soziale Lebensqualität bilden ein zusammenhängendes System. Mit einem integrierten Standortkonzept, das Wirtschaft, Wohnen, Mobilität, Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen berücksichtigt, ist die Stadt für die kommenden Jahrzehnte gut gerüstet. 50 Jahre Stadt Dormagen sind damit nicht nur ein Jubiläum, sondern auch ein Spiegelbild einer erfolgreichen Entwicklung – von Landwirtschaft über Chemieindustrie bis hin zu moderner, innovativer und nachhaltiger Wirtschaft, die den Menschen in der Stadt zugutekommt.