Mehrere hundert Igel schwerstverletzt durch Grünschnittarbeiten – so verhalte ich mich richtig

Mehrere hundert schwerstverletzte Igel landen jedes Jahr auf dem Tisch von Tierärztin Dr. Susann Ulusans. Der Anblick der verletzten Tiere ist oftmals abscheulich, denn die kleinen Insektenfresser haben keine Chance gegen Gartengeräte wie beispielsweise elektrische Heckenscheren, Tellersensen und Rasentrimmer. Sie verarztet die Tiere und übergibt sie der Igelhilfe, einer Auffangstation für die bedrohte Tierart. Dabei kann das Leben vieler Tiere mit wenig Aufwand geschützt werden. Karin Oehl von der Igelhilfe gibt Tipps für einen vorsichtigen Umgang bei Grünschnittarbeiten.

„Die schwerverletzten Tiere leben oftmals noch und erleiden unheimliche Qualen. Ihr Anblick ist kaum für uns zu ertragen. Teilweise haben sie einen offenen Rücken oder es fehlen Gliedmaßen. Denn die Igel haben keinen Fluchtreflex, sondern rollen sich einfach nur zusammen. Dies schützt sie zwar vor tierischen Widersachern, aber nicht vor Gartengeräten“, sagt Karin Oehl. „Da sich Igel tagsüber versteckt im Laub aufhalten, werden sie bei der Gartenarbeit meist erst zu spät entdeckt.“

Aus diesem Grund legt auch die Stadt Dormagen Wert darauf, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Grünflächenamtes zu sensibilisieren und zu schulen, um nicht aus Versehen Kleintiere wie Igel zu verletzen. „Wir wollen unsere Tier- und Pflanzenwelt in Dormagen erhalten und schützen. Es ist wichtig, dass wir alle einen Beitrag dazu leisten. Schließlich ist der Igel bedroht und benötigt unsere Mithilfe“, sagt Bürgermeister Erik Lierenfeld.

Mehr als 50 Jahre hat die heute über 80-Jährige eine Igelauffangstation betrieben, in der verletzte Igel gepflegt, aufgepäppelt und anschließend wieder in die Freiheit entlassen wurden. Dabei hat sie festgestellt, dass wir Menschen dem Igel sukzessive immer mehr Lebensraum und Nahrung nehmen. „Der Igel existiert bereits seit der Kreidezeit – somit seit mehr als 60 Millionen Jahren. Jedoch durch die heutigen sterilen Gärten, in denen kein Unkraut mehr wachsen darf, keine unordentlichen Ecken mehr Verstecke bieten und Steingärten dafür sorgen, dass es nicht mehr genügend Insekten gibt, steht der Igel nun auf der roten Liste“, erläutert Karin Oehl. „Die Entwicklung ist fatal, dabei könnte jeder mit ein wenig Mithilfe dies wieder umkehren.“ 

Um Igel im eigenen Garten einen Lebensraum zu schaffen, sollten folgende Dinge beachtet und umgesetzt werden: Da Igel Insektenfresser sind, sorgen insektenfreundliche Pflanzen für genügend Nahrung. Findet der Igel hingegen keine Insekten, frisst er Würmer und Schnecken. Ein paar davon machen ihm nichts aus. Ist er hingegen gezwungen, nur noch Schnecken und Würmer zu fressen, erkrankt der Igel durch die Verwurmung in seinem Innern an Infektionen. Als Schlaf- und Nestplatz eignen sich Laubhaufen, abgeschnittene Zweige oder aufgetürmtes Altholz. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass Kellerschächte abgesichert sind und angelegte Teiche keine steilen Ränder haben. Der Igel kann zwar schwimmen, kommt aber dann nicht mehr aus dem Teich heraus. Auch durchgängige Gärten erhöhen das Nahrungsangebot für Igel. Bei Grünschnittarbeiten rät Oehl unbedingt dazu, mit einer behandschuhten Hand unter den Hecken und Bäumen zu schauen, ob ein Igel unter dem Laub versteckt ist. Im Zweifel sollte der Bereich in der Grünpflege ausgespart werden. Wer einen Rasenroboter betreibt, sollte diesen nicht nachts laufen lassen, da Igel nachtaktive Tiere sind. Sie werden von dem Roboter erfasst, teilweise sogar mehrfach.

Sollte man einen verletzten Igel entdecken, dann rät Karin Oehl dazu, das Tier vorsichtig in eine Kiste, zum Beispiel einen Schuhkarton, zu legen und diesen zu einem igelkundigen Tierarzt zu fahren. Dieser wird Kontakt zu einer Igelauffangstation aufnehmen und das Tier ärztlich versorgen. Weitere Infos zur Igelhilfe gibt es im Internet unter www.pro-igel.de. 

„Ich würde mir wünschen, dass wir alle den Igeln wieder mehr Lebensraum zurückgeben. Zumal dafür gar nicht viel nötig ist. Dann kann sich die Population erholen und der Igel noch lange in den Gärten unserer Stadt leben“, sagt Karin Oehl.